Hamostaseologie 2000; 20(02): 110-116
DOI: 10.1055/s-0037-1619479
Original article
Schattauer GmbH

Gerinnungsstörungen in der Herzchirurgie

Coagulation Defects in Cardiac Surgery
T. Fischlein
1   Klinik für Thorax-, Herz- und thorakale Gefäßchirurgie, J.-W.-Goethe-Universität Frankfurt (Leiter: Prof. Dr. A. Moritz)
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Publication Date:
27 December 2017 (online)

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Zusammenfassung

Blutgerinnungsstörungen und Blutungen im Zuge von herzchirurgischen Eingriffen stellen häufige, aber meist gut beherrschbare perioperative Komplikationen dar. Als Ursache für diese Komplikationen gelten auf der einen Seite chirurgisch bedingte Blutungen, wie sie nach Eingriffen am Herzen oder an den abgehenden großen Gefäßen vorkommen können. Auf der anderen Seite werden Gerinnungsstörungen in Zusammenhang mit der Verwendung der Herz-Lungen-Maschine gebracht. Obwohl heutzutage der Einsatz der extrakorporalen Zirkulation als ein sicheres Verfahren gilt, sind die dabei auftretenden Gerinnungsstörungen und die sogenannte systemische Ganzkörperentzündungsreaktion immer noch gravierende Nachteile. Als Gründe für die postoperativen Blutungen nach herzchirurgischen Eingriffen werden Hämodilution, Thrombozytopenie, Thrombozytendysfunktion, eine gesteigerte fibronolytische Aktivität sowie eine verminderte Gerinnungsaktivität genannt. Die Thrombozytendysfunktion während der extrakorporalen Zirkulation dürfte dabei der Hauptgrund für das perioperative Auftreten einer gestörten Hämostase sein. Zusätzlich verstärkt die weitverbreitete Therapie mit ASS die Blutungsneigung von Herzpatienten und erhöht damit die Notwendigkeit homologer Bluttransfusionen nach herzchirurgischen Eingriffen. Basierend auf vorangegangenen Studien kann gesagt werden, daß die Thrombozytenfunktion während des kardiopulmonalen Bypasses reversibel vermindert ist. Diese Dysfunktion ist charakterisiert durch den vorübergehenden Verlust des Glycoprotein-Ib-Rezeptors (GPIb), der Bindungsstelle für den von-Willebrand-Faktor, welcher essentiell für die erste Phase der Hämostase ist. Im folgenden werden die multifaktoriellen Gründe für die perioperativen Blutgerinnungsstörungen bzw. die Blutungsneigung genannt. Außerdem werden Möglichkeiten und Therapieansätze zur Verminderung dieser hämorrhagischen Diathesen aufgezeigt.

Summary

Coagulation defects and haemorrhage caused by cardic surgery are common incidents perioperatively, but they appeare mostly as manageable complications. One reason for these complications is bleeding due to the surgery following interventions on the heart or big vessels. Other reasons are coagulation defects caused by the use of the heart-lung machine. Although today cardiopulmonary bypass can be considered a safe procedure, the postoperative bleeding diathesis and the systemic inflammatory response are still major drawbacks. The postoperative bleeding is attributed to many causes such as haemodilution, thrombocytopenia, platelet dysfunction, increased fibrinolytic activity and decreased clotting activity. Platelet dysfunction during cardiopulmonary bypass may be the most likely cause for the observed disturbed haemostasis perioperatively. Additionally, the increasing usage of aspirin by cardiac patients amplifies blood loss and the consecutive demand for homologous blood products after cardiac surgery. Based on observations in previous studies, it can be suggested that platelet function is reversibly impaired during cardiopulmonary bypass. This dysfunction is characterized by a temporary loss of glycoprotein Ib receptors (GPIb), the binding site for v. Willebrand factor, which is essential for the first phase of haemostasis.

In the following the multiple causes of bleeding diathesis or haemorrhagia after cardiac surgery are described. Additionally, possibilities of therapeutic approaches in reducing coagulation defects will be discussed.